Adria ab Venedig mit der AIDAblu, Adria 02.10.17

Mit dem Meer direkt unter uns und dem Wind, der den Stoppelschnitt zerzaust, verstehen wir, was Kreuzfahrt eigentlich ausmacht und was nur Hotel auf dem Meer ist. Dies Verstehen kosten wir viele Stunden aus, bevor wir gnadenlos beim Knochenkönig untergehen. Wir verstehen auch, dass es keine kugelförmigen Schiffe gibt, rechnen unsere persönlichen Kreuzfahrtzahlen nach und erfreuen uns an der Vollzahl der Solisten.

Adria 17.10.02 - Historische Städte an der Adria Italien, Korfu, Kroatien AIDAblu

Um über das Meer zu kommen, gibt es viele Möglichkeiten. Mit dem Ruderboot ist die unpraktischste, mit dem Riesenpott die unattraktivste. Irgendwo dazwischen liegt die Kreuzfahrt.
Es sind sicher nicht die Ziele, die Kreuzfahrt ausmachen. Natürlich ist es interessant, neue Städte zu sehen, Sehenswürdigkeiten zu bestaunen und wilde Natur zu erleben. Dies alles können wir auf dieser Tour machen, aber wenn es nur darum ginge, könnten wir auch mit dem Zug oder Flugzeug von einer Stadt zur anderen reisen. Es ist auch nicht das Schiff selber. Natürlich ist es wichtig, viele verschiedene Freizeitangebote auf dem Schiff zu haben und der Trend geht immer mehr zu „das Schiff ist das Ziel“. Aber auch das ist nicht Kreuzfahrt, denn ich könnte dann genauso gut eine Erlebnispark- oder Cluburlaub-Rundfahrt an Land machen.
Je mehr der Trend zu großen Schiffen mit möglichst vielen Angeboten geht, desto mehr geht das eigentliche Kreuzfahrtgefühl unter. Ich glaube nicht, dass man sich als Kreuzfahrt-erfahren bezeichnen kann, wenn man lediglich das „Hotel auf dem Meer“ genossen hat. Nein, ich glaube – und der geneigte Leser mag mir zugutehalten, dass ich extra betone, dass dies ausdrücklich nur meine Meinung ist – Kreuzfahrt ist das, was ich jetzt, in diesem Moment mache: Ich sitze gerade auf dem Balkon, fast so weit wie möglich unten auf dem Schiff, nämlich auf Deck 6. Natürlich braucht es dazu nicht unbedingt einen Balkon, auf Deck 5 ist es genauso gut möglich, im öffentlichen Bereich an der Reling direkt über dem Meer zu sitzen. Und zumindest auf den kleineren Schiffen geht das auch oben an Deck. Aber genau das geht auf den modernen großen Schiffen verloren: Der direkte Kontakt zum Meer. Wenn ich in 10.000 Meter Höhe (gefühlt) über dem Meer bin, und ein Fernglas benötige, um die Wellen unter mir zu sehen, fehlt das Entscheidende. Und wenn ich auf der AIDAprima oder AIDAperla einen schönen Balkon habe, aber unter mir die Leute flanieren, ist das eher wie ein Balkon an der Promenade eines beliebten Kurortes am Meer.

Adria 17.10.02 - Historische Städte an der Adria Italien, Korfu, Kroatien AIDAblu

Das macht Kreuzfahrt aus

Aber das macht die Kreuzfahrt aus: Der direkte Kontakt zu den Elementen. Ich höre das Meer unter mir. Im Moment ist es glatt wie ein Babypopo, aber trotzdem pflügt das Schiff durch das Wasser und ich höre das Meer unter mir an den Schiffsrumpf klatschen. Ich spüre den Wind in den Haaren (ja, auch ein magerer Stoppelschnitt hat Windfühler eingebaut). Im Moment ist es eher ein laues Lüftchen, aber wir haben auch schon Sturm erlebt. Manchmal sind die Wellen so hoch und der Wind so stark, dass wir Salz auf den Lippen schmecken. Manchmal scheint auch die Sonne auf den Bauch, manchmal ist es so wie jetzt um 17°C und etwas trüb, aber auf dem Balkon schön geschützt.

Dabei ist es völlig leise, so dass wir glatt vergessen könnten, dass hier rund 2.500 Passagiere an Bord sind. Solange natürlich Luzie nicht auf dem Nachbarbalkon ist, ich erinnere an unsere letzte Reise.
Der Blick geht über das Meer in unendliche Weite und das lässt viel Zeit und Raum zum Träumen und Philosophieren. Wie der geneigte Leser gerade merkt.

Hin und wieder tauchen am Horizont andere Schiffe auf, das zeigt uns, dass wir doch nicht allein auf dem riesigen Meer sind. Und es ist durchaus auch interessant, wie viele unterschiedliche Formen an Schiffen es gibt. Gut, so Kugel- oder Kegelform haben wir noch nicht gesehen, aber so viele unterschiedliche Aufgaben, so viele unterschiedliche Aufbauten gibt es.

Ich denke, die Extremform der klassischen Kreuzfahrt ist die Expeditions-Kreuzfahrt. Das ist ein Erlebnis, das noch auf unserer ToDo-Liste steht. Mit einem kleinen Schiff zu den Pinguinen, das Nordpolareis sehen (nicht gleichzeitig, natürlich), solange es dies noch gibt oder den Amazonas hinauf und hinunter. Davon haben uns bisher nur zwei Gedanken abgehalten. Zum einen die Vorstellung, dass es auf so kleinen Schiffen eher familiär zugeht. Was ist aber, wenn diese Familie nicht zusagt? Zudem sind wir nicht so die Typen für Kapitänsdinner im Anzug, da mögen wir schon eher das ungezwungene Buffet hier. Der zweite Grund ist schlicht und einfach, dass diese Kreuzfahrten eine Kleinigkeit mehr kosten als die Massenverfrachtung. Nun ja, bleibt zu hoffen, dass Hapag Lloyd das hier liest und ein unwiderstehliches Angebot macht…

Eigentlich Platin+++

Dass wir das hier wirklich genießen, zeigen ein paar Zahlen: Heute sind wir genau 250 Tage an Bord von AIDA-Schiffen. Mehr als so mancher Mitarbeiter. Diese Reise ist bereits unsere 23., was der Grund dafür ist, dass wir uns in der höchsten Clubstufe befinden. Platin plus. Also zumindest müssten wir da unserer Meinung nach sein, im Moment ist bei AIDA Gold die höchste Stufe. Erfreulicher Weise sind wir da auch heute noch, denn gestern wurden uns 24.000 Seemeilen abgezogen. Dies ist bedingt durch die Neuregelung des AIDA Clubs vor 2 Jahren und findet 5 Jahre lang jährlich am 01. Oktober statt. Nach 5 Jahren wäre man dann wieder bei 0, wenn man nicht weiter reisen würde. Tun wir aber und allein diese Reise füllt unser Konto wieder um 16.000 Seeneilen auf. Wie gesagt: Platin+++. Eigentlich.

Pier 3 Bar Adria 17.10.02 - Historische Städte an der Adria Italien, Korfu, Kroatien AIDAblu

Das wichtigste Goodie dieser Clubstufe ist nach unserer Meinung das exklusive Frühstück im Buffalo Steak House. Und das ist wirklich exklusiv. Ich habe dies ja in der Vergangenheit schon ausführlich beschrieben, hier gibt es aber Neuerungen zu vermelden: Statt dass jeder die gleiche Etagere auf den Tisch bekommt, was durchaus öfter kritisiert wurde, weil zu viel weggeschmissen wurde, kann nun für den nächsten Tag bestellt werden, womit die Etagere befüllt werden soll. 3 Teller dürfen aus verschiedenen Angeboten gefüllt werden: Obst-, Fisch-, Salami-, Schinken-, Käse-, Pastetenauswahl. Was dann noch fehlt, kann natürlich auch am Buffet geholt werden. Sehr gute Idee, zum ersten Mal ist unsere Etagere am Ende des Frühstücks nahezu komplett leer. An dieser Stelle verschwiege ich dann auch, dass alle Kinder lieber länger schlafen wollen und wir Eltern ganz allein beim Frühstück sind. Und ich verschweige auch die dazubestellten Steak- und Eierspeisen…

Neu ist auch, dass es im Café Mare nun Starbucks-Spezialitäten gibt. Diese sind für jedermann zu erwerben, hier gehören sie aber auch zum Frühstück mit dazu. Der geneigte Leser hat an dieser Stelle nicht nur erkannt, dass ich elegant vom Philosophieren zu unserem Reisebericht übergelenkt habe, sondern auch, dass es für uns ausgezeichnet losgeht.

Auf dem Balkon

Nach dem Frühstück sitzen wir nun also auf dem Balkon und Philosophieren und schauen über das Meer. Dazu haben wir viel Zeit, denn erfahrungsgemäß stehen die Kinder erst zum Kaffeetrinken auf. Ich kann nur wiederholen: Das ist richtig Kreuzfahrt und Urlaub.

Natürlich achten wir so auch auf alle Schwächen. Der Handlauf hier am Balkon wurde gestern frisch gestrichen und sieht deshalb sehr gut aus. Das Chassis benötigt aber dringend eine Überarbeitung, an unserer Balkonbrüstung breiten sich mehrere 20 cm lange Roststreifen aus. Ja, auf dem Meer heißt es: Immer am Ball bleiben, sonst ist der Rost schneller als die Maler.

Tatsächlich kommen zum Kaffeetrinken alle zusammen. Und dann wird – und auch das ist ja bei uns schon Tradition – eine wilde Runde „Skull King“ gespielt. Immer in Zweier-Teams, sonst würden die Karten nicht reichen. Aber immerhin reichen sie dafür, dass die Eltern als einzige mit Minuspunkten gnadenlos untergehen. Auch das hat schon Tradition, was sind wir doch für gute Eltern…

Familienzeit

Dank der Kinder können wir zum Abendessen wieder zur Familienzeit gehen. Hier an Bord wird der Eingang wenigstens kontrolliert, wodurch nicht wie auf anderen Schiffen der Flotte überall ältere Herrschaften mit imaginären Kindern sitzen. Sondern tatsächlich Platz am Buffet ist. Ein sehr angenehmes und leckeres Essen im Belladonna Restaurant. Als dann eine halbe Stunde später das Restaurant für alle freigegeben wird, wird es wieder rappelvoll und zahllose Gäste suchen nach nicht vorhandenen freien Tischen. Und an den Buffets ist es dann auch voll, wir sind aber bereits beim Nachtisch und da ist natürlich noch alles frei, die ganzen eben Angekommenen fangen ja nicht mit Nachtisch an.

Zur Abendshow gibt es die Vorstellung der 6 Solisten. Zunächst – nach mehreren Erfahrungen auf der AIDAstella – das Erfreuliche. Alle 6 Solisten sind da und gesund. Die singen auch noch gut, die Show hat sich wieder gelohnt. Dabei setzt sich der Trend fort, dass vermehrt Amerikaner als Solisten eingestellt werden. Ich muss aber unbedingt an meiner Beobachtungsgabe feilen: Die Solistin, bei der ich sofort und absolut sicher vom Äußeren auf Amerikanerin getippt habe, ist die einzige Deutsche im Ensemble, aus Bochum. Lediglich ihre Eltern stammen aus China.

In der folgenden Prime Time wird der Kapitän vorgestellt. Volker Baumgart ist sehr unterhaltsam, den Eindruck haben wir schon von seinen launigen Durchsagen. Allerdings sehen wir das nicht live im Theatrium, sondern später in der Wiederholung im iTV. Wir spielen in der Zeit lieber, schließlich müssen uns die Kinder Revanche geben. Was auch nicht besser für uns läuft…

Morgen sind wir dann in Bari.

Adria

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