Missverstandene Präventivtherapeuten und grüne Berge

Mediterrane Highlights 6 mit der AIDAstella, La Spezia / Italien 26.07.16

Heute verstehe ich meine Mitmenschen nicht oder völlig falsch. Rechtzeitig von der Liege aufzustehen und in die Stadt zu gehen, verstehen wir auch nicht. Dafür verstehen wir etwas vom Essen und das ist heute mehrsterne-verdächtig.

Der Tag fängt an, wie der letzte geendet hat. Dabei wird die Toilette immer voller: Richtig, diesmal ist die Toilettenspülung ausgefallen. Ich hätte eine Idee für ein neues Quiz auf der AIDAstella: „Was wird heute kaputt gehen?“ Balkon geht auch nicht, der wird heute gereinigt. Aber da bin ich gespannt, ob diesmal an der Balkonscheibe die inzwischen von der Sonne festgeschweißten Klebereste des Kreppbands entfernt werden, die bei den letzten Reinigungen übersehen wurden. Ich nehme die Antwort schon mal vorweg: Nein…

Das sind natürlich alles völlig unbedeutende Kleinigkeiten gegenüber der allmorgendlichen Frage, wo es in Deutschland oder Frankreich wieder einen Anschlag gegeben hat. Heute erwischt es einen Priester in der französischen Provinz. Kann mir einer sagen, wann Werte wie Hilfsbereitschaft, Freundlichkeit, Großzügigkeit, Toleranz nicht mehr erstrebenswert geworden sind, sondern lieber Rückkehr in ein barbarisches Mittelalter?

Es wird später und später

La Spezia ist auf den ersten Blick vergleichbar mit Villefranche gestern. Ebenfalls in einer eigentlich schönen Bucht gelegen, ebenfalls rundum von Bergen umgeben und in diese hineingebaut. Die Berge hier sind allerdings noch grüner. Andererseits ist der Ort deutlich größer und man hat hier leider einen Containerhafen hineingebaut, an dem wir auch liegen.

Apropos liegen: Heute haben wir 30°C im Schatten, schwülwarm. Da wir auf dem Balkon nicht liegen können, geht es halt aufs Deck. Wir finden auch schöne Liegen im Schatten, gelegentlich müssen wir nur flüchten, wenn die Putzkolonne an der Seitenwand nicht nur unseren Balkon abspritzt, sondern der Strahl über die Brüstung schießt. Ein Zeitlang ist das ganz schön, in die Stadt können wir ja noch später gehen. Und es ist dann immer noch schön, also noch später. Und noch etwas später.

Die Sicht ist insgesamt sehr diesig, irgendwann ziehen über den Bergen der Stadt dichte Wolken auf, aus denen es genauso dicke Tropfen auf uns regnet, während vom Meer her weiter die Sonne auf uns brennt. Das ist aber nicht viel, so dass wir immer noch liegen können und irgendwie die Zeit schon wieder um ist, so dass wir die Stadt glatt verpassen.

Aber das ist sowieso ein Problem: In der ersten Woche denken wir noch, der Urlaub dauert ewig, es kommt ja noch die zweite Woche. Aber nun in der zweiten Woche rennen die Tage nur so vorbei. Da hilft es auch nicht, nichts zu tun, die Zeit rennt trotzdem weiter…

Slapstick oder Prävention?

Zumindest können wir nebenbei wieder die Menschen um uns herum beobachten. Erstaunlich, wie viele Menschen noch nie von sowas ekligem wie Hautkrebs gehört haben, sonst würden die sicher nicht Stunde um Stunde in der Mittagssonne braten. Erstaunlich auch: Bei mehreren Gelegenheiten haben Kapitän und andere deutlich betont, dass wir keine reservierten Liegen wollen. Es stand dann noch mehrfach in der „AIDA heute“. Und trotzdem: Direkt vor uns legt eine Frau Klamotten auf 2 Liegen in schönster Sonnenlage. Dann geht sie wieder. Und bleibt weg. Tatsächlich stundenlang. Unglaublich. Irgendwann kommt sie dann wieder, nimmt die Klamotten weg und breitet stattdessen ein Handtuch über beide Liegen. Und ist wieder weg. Und tatsächlich ist das das letzte, was wir von ihr sehen. Das ist eigentlich kaum zu glauben und fast schon wieder Slapstick, da sie letztlich nicht eine Sekunde auf der Liege gesessen hat. Und auch kein anderer. Aber zumindest bekommt sie auf diese Weise garantiert keinen Hautkrebs. Vielleicht ist sie in Wirklichkeit ja Hautkrebs-Präventivtherapeutin und wollte so andere nur davor schützen, auf genau dieser Liege einem schweren Schicksal entgegenzugehen. Jetzt verstehe ich das erst, da setzt sich jemand so für andere ein und ich nörgel nur rum…

Abends lösen wir unseren Essens-Gutschein ein und gehen ins Rossini. Der Verfressenste von uns nimmt das angebotene 6-Gang-Menü, die anderen in Ausschnitten. Und dann werden wir hier wieder in aller Form verwöhnt, sei es mit butterzartem Fisch, spektakulärem Mandelkaramelleis oder einem unglaublichen Paprikaschaumsüppchen.

Währenddessen laufen wir langsam aus und fahren durch den schönen Golf der Poeten zurück ins Mittelmeer. An den Seiten sind dicht grüne Berge, darin immer wieder kleine Orte und alte Verteidigungsbauten. Manche kleine Insel ist komplett damit zugebaut.

Zum Abschluss sehen wir noch einmal die Exklusiv-Show „Utopia“. Alle Achtung wie die Künstler nach 2 toll gespielten Aufführungen auch noch lange zum Fotoshooting mit jedem Gast, der noch Lust hat, in die Kamera lächeln.

Die nächste Etappe sind 370 km bis Civitavecchia.

La Spezia