Von Kiel nach Mallorca 3 mit der AIDAbella, Atlantik 09.10.19

Überall auf dem Schiff verstärkte Hygiene-Regeln. Gläser fallen, Regale brechen zusammen und so mancher Gast bricht auch. Wenn ein Magen-Darm-Virus an Bord auf wilden Seegang in der Biskaya trifft, ist das keine gute Kombination. Und wirft die Frage auf, was von beidem Schuld ist.

Atlantik 19.10.09 - Von Kiel um Westeuropa nach Malle AIDAbella

Verschärfte Hygiene-Regeln auf dem Schiff

Vor Madagaskar liegen wir zwar nicht und die Pest ist es auch nicht, aber so ähnlich.

Atlantik 19.10.09 - Von Kiel um Westeuropa nach Malle AIDAbella

Seit heute gelten verschärfte Hygiene-Regeln. Es steht in der „AIDA heute“, jeder findet ein Blatt mit Hygiene-Regeln an der Tür und im Restaurant liegt das auch noch einmal aus. Darin stehen eigentlich Selbstverständlichkeiten, wie nach jedem Toilettengang Hände gründlich waschen und vor dem Restaurantbesuch desinfizieren. Aber so selbstverständlich scheint das nicht jeder zu nehmen.

Darin steht auch, dass sich vereinzelt Gäste mit Magen-Darm-Problemen im Hospital gemeldet haben. Übersetzt aus der Schiffssprache bedeutet das: Wir haben bereits ein echtes Magen-Darm-Virus-Problem an Bord. Das bedeuten nicht nur die verschärften Regeln, sondern auch der Geruch nach Erbrochenem in der AIDA Bar, von dem ich vor 4 Tagen berichtet habe und die Desinfektion des Shuttle in Kiel. Ich muss nochmal jemanden ausquetschen, wie das Problem auf der letzten Fahrt war.

Nun ist das Auftreten einer solchen Seuche für eine Reederei immer ein Image-Problem. Zu Unrecht, denn wo viele Menschen in einer Zeit mit erhöhter Viruslast aufeinandertreffen, ist die Ausbreitung fast nicht zu verhindern. Da kann AIDA nichts dazu und alle anderen Reedereien auch nicht.

Jedenfalls wird nun versucht, die Ausbreitung über das ganze Schiff zu verhindern und das ist auch gut so. Heute Morgen im Rossini Restaurant bedeutet das, dass zusätzlich zu den Stand-Desinfektoren nun auch am Eingang jemand steht, der die Hände einsprüht und das Buffet stark abgespeckt ist, der allergrößte Teil des Essens muss beim Kellner bestellt werden. Was eine erhebliche Herausforderung für die Kellner ist, besonders als es gegen 9 Uhr sehr voll wird. Aber die Kellner meistern das ganz gut, die meisten Gäste haben auch Verständnis und die anderen ignoriere ich.

Atlantik 19.10.09 - Von Kiel um Westeuropa nach Malle AIDAbella

Die Amen, die das getroffen hat. Nicht nur, weil es einem bei Magen-Darm schlecht geht. Auch haben wir heute Nacht den Schutz des Ärmelkanals verlassen und das bedeutet deutlich stärkere Schiffsbewegungen. Und wenn einem schon übel ist, dann auch noch ein stampfendes Schiff, herzlichen Glückwunsch! Wir haben das ja auch einmal erlebt, dass wir heftigen Seegang hatten, während irgendwas schon im Körper steckte, man meint dabei, den Tag nicht zu überleben.

Noch geht es uns aber gut und wir hoffen, dass es so bleibt. Gute Besserung allen Betroffenen!

Auf dem Balkon mit Gischt

Ich setze mich nach dem Frühstück auf den Balkon. Bei 14°C ist es zwar frisch, aber die Sonne kämpft sich immer wieder durch. Und die Luft ist herrlich.
Inzwischen sind wir also in der Biskaya. Hier trifft alles ungebremst auf, was vom Atlantik kommt. Der Kapitän informiert uns, dass zwar gar nicht so doller Wind ist, aber in den letzten Tagen lag über dem Atlantik ein Tiefdruckgebiet und das hat die Wellen aufgebaut, die wir jetzt merken. Diese Wellen sind gar nicht so deutlich sichtbar, weil sie in der Tiefe laufen und dadurch kaum Schaumkronen aufgeworfen werden, aber wir merken es daran, dass das Schiff erheblich stampft, das bedeutet hoch und runter geht. Hier ist öfter mal ein Ausfallschritt nötig, um festen Stand zu haben.

Das merke ich auch auf dem Balkon. Da sitze ich zwar sicher, aber wenn die Balkontür nicht eingerastet ist, geht sie auf und zu. Und das, obwohl sie sich nur schwer schieben lässt. Außerdem kommt von Zeit zu Zeit mal eine Gischtwolke bei mir an, und das, obwohl wir hier auf Deck 8 sind, also recht weit oben.

Unsere Kabine auf Deck 8

Atlantik 19.10.09 - Von Kiel um Westeuropa nach Malle AIDAbella

Dann doch gleich mal ein Wort zur Kabine: Wir haben eine Kabine backbord, ziemlich weit vorne. Da wir gerade auf dem Weg nach Süden sind, schauen wir von unserem Balkon gen Osten, wodurch wir heute den ganzen Morgen Sonne auf dem Balkon haben, zumindest immer dann, wenn sich die Sonne gegen die Wolken durchsetzt. Auch wenn ich jetzt hier auf offenem Meer mit Jacke auf dem Balkon sitze, ist doch deutlich zu spüren, dass es langsam wärmer wird, je weiter wir gegen Süden kommen. In 2-3 Tagen werden wir die 20°-Marke knacken.

Die Kabine ist sehr ordentlich. Obwohl es überall im Schiff knarzt und knackt, ist hier kaum etwas zu hören. Das ist sehr schön. Nur die Dusche leidet unter Jaucheritis, das hat nicht mit Günther Jauch zu tun, sondern bedeutet, dass es aus dem Duschabfluss nach Kläranlage riecht. Womit wir wieder den Kreis zur Seuche an Bord geschlossen hätten.

Gegen Mittag wird es zu nass auf dem Balkon. Zum einen durch die Gischt, zum anderen fahren wir immer mehr durch Regengebiete. Insgesamt spitzt sich die Lage etwas zu: Nach der Essenszeit gehen Kellner mit Giftspritzen durch die Almhütte, wie wir sie vom Hobbygärtner kennen. Bücher und Spiele aus der Bibliothek verschwinden vorläufig. Abends sitzen immer weniger Gäste in den Restaurants und noch weniger in der AIDA Bar. Besteck und Gläser verschwinden von den Tischen. Auch die Gast-Band muss heute passen. In den Bars fallen zunehmend Gläser aus den Regalen und im Shop bricht das Schokoladenregal zusammen. Und zwischendurch bricht ein kleiner Junge ins Theatrium.

So richtig ist nicht zu unterscheiden, was an der Seuche liegt, was am Seegang und was an beidem.

Ich merke das auch, es zieht in den Knochen und der Kreislauf rebelliert. Deshalb ist der Rest des Tages bei mir lieber Kabine, Brötchen und Wasser.
So sehe ich mir das Abendprogramm am Fernseher an: Die Solisten mit dem Pianisten sind gut, aber nicht ein so einmaliges Ereignis, wie der Entertainment-Manager behauptet: wir haben sie schon öfter als Lückenfüller bei ausgefallenen Shows erlebt. Die Prime Time schleppt sich so hin und Gastkünstler Gloria Glamour genauso. Da hat es die beste Ehefrau von allen besser, die sich bei diversen Spielen von den Kindern in der AIDA Bar fertig machen lässt.

Morgen schaukeln wir dann in Ferrol ein.

Atlantik


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