Mittelmeer 4 mit der AIDAmar, Palermo 29.10.12

Der Blick vom Schiff ist nicht beeindruckend. Wohl aber die Stadt, als wir uns hineinstürzen. Besonders der Verkehr. Die Mofas. Die Historie. Arm neben reich, Luxus neben Leerstand. Heiße Sonne neben Regen, laut, quirlig.

Palermo 12.10.29 - Tunesien Sizilien Italien AIDAmar Mittelmeer

Sonne.
Im iTV (den AIDA-Informationssendern im Fernsehen in der Kabine) steht: „Siziliens Hauptstadt mag man lieben oder hassen. Neutralität lässt Palermo nicht zu…“
Auf den ersten Blick würde ich denken, das stimmt, und hassen liegt hier näher als lieben…

Wir liegen im Hafen zusammen mit ganz vielen anderen größeren Fähren. Neben uns riesige Beton-Silos, einer davon zum Teil aufgerissen. Darauf irgendein Aufbau, der einen unglaublichen Maschinen-Lärm macht – wenn ich hier wohnen müsste, würd ich mich wohl in das Hafenwasser stürzen. Das aus Italien bekannte Hupkonzert geht direkt noch.

Palermo 12.10.29 - Tunesien Sizilien Italien AIDAmar Mittelmeer

Wir haben uns angewöhnt, in jedem Hafen erst einmal auf das oberste Deck zu gehen und einen Überblick über die Stadt zu bekommen. Zumeist wissen wir dann schon, wo wir lang müssen. Das geht auch meist sehr gut, da die AIDA meist das höchste Bauwerk vor Ort ist.
Hier ist es anders:
Direkt am Hafen eine Hauptstraße, dahinter Wohnsilos. So weit das Auge reicht. Dahinter Berge.
Zur andern Seite sieht es besser aus. Palermo liegt langgezogen in einer Bucht (ursprünglich hieß Palermo „Panormos“ = alles Hafen). Bis auf wenige Ausnahmen rundum Berge, teils sehr steil. In der Ferne, in der die Stadt flacher aussieht, sind Strände zu erkennen.
Nun, wir sind gespannt, wie sich der Eindruck wandelt, wenn wir uns gleich auf den Fußweg in die Stadt aufmachen.

Aus dem Hafen heraus ist man direkt in der Stadt. Aber sind wir versehentlich doch in Tunis ausgestiegen? Kutschfahrer und Taxifahrer belagern uns, um uns in ihr Gefährt zu lotsen. Naja, geht aber noch, mit Entschlusskraft kommen wir da durch.
Der Verkehr scheint auch nicht ganz so schlimm zu sein, wie man sich das von Rom erzählt. Natürlich muss man sich mutig auf einen Zebrastreifen stürzen, in dem festen Glauben, dass die anderen schon anhalten werden. Ich staune, wie schnell man sich an das Verhalten der anderen anpasst. Schottland auf der letzten Reise war zwar mit wenig Verkehr, den aber auf der falschen Fahrbahnseite, fast schwieriger.
Besonders die Mofas haben Freifahrtscheine. Es kann keine Gasse so eng sein, dass sich nicht noch ein Hochgeschwindigkeitsmofa durch uns durchdrängen kann. Die vielen Beulen in den Autos sind legendär, aber ich entdecke doch einige komplett unversehrte Autos.

Zu Fuß sind das nur rund 10 Minuten bis zur Altstadt. Am Hafenausgang gibt es kostenlose Stadtpläne, die uns dann auch gut helfen. Eins bewahrheitet sich: Wenn du eine Stadt kennen lernen willst, hilft dir keine geführte Tour zu den Sehenswürdigkeiten, sondern du musst dich hineinstürzen und sie erwandern (vielleicht geht auch Fahrrad, eine große Biker-Gruppe hat sich auch auf den Weg gemacht – aber bei dem Verkehr hier? Ohne mich!).

Palermo 12.10.29 - Tunesien Sizilien Italien AIDAmar Mittelmeer

Armut und Reichtum sind hier eng beieinander. Luxusgeschäfte neben Leerständen, in deren Vorbauten Obdachlose ein Schlafsacklager errichtet haben. Prächtige Piazzi mit historischen Gebäuden, an deren Holzfenstern der Lack ab ist. Wunderschöne kleine Gassen mit Verkaufsständen, an denen es eigentlich alles gibt, Stoffe, Gardinen, Spielzeug, Unmengen gefälschten Designer-Handtaschen und -parfüms (sind wir hier nicht in Europa?). Gassen, zu denen nur Häuserrückseiten gehen und durch die wir doch lieber schneller gehen. Schönes Pflaster aus alten Steinplatten, sauber, aber auch Ecken wo der Müll steht. Auf den historischen Plätzen stille Gebäude, aber viele telefonierende Passanten. Laut telefonierend. Offensichtlich hat hier niemand Bedenken, wenn alle anderen mithören können.

Dazu passend wechselt heiße Sonne mit heftigen Regenschauern. Natürlich stehen bei den ersten Tropfen sofort Regenschirmverkäufer neben uns. Wo kommen die plötzlich her? Auch an mancher Ampel erwischen uns Bettler, die kaum abzuschütteln sind. Apropos: Der größte Schock erwartet uns an einer Tankstelle: Benzin ist locker 30 Cent teurer als bei uns. Kein Wunder, dass hier keiner anhalten will, sondern versucht, ohne bremsen und beschleunigen durch die Straßen zu kommen…

So erleben wir Palermo als sehr lebendig, quirlig, laut, historisch.

Abends gibt es wieder eine Kunstauktion (wir verstehen nicht viel von Kunst, aber der lila Kermit ist stark. Sollen wir? – Nein, wir trauen uns nicht und so bekommt ein anderer das Bild zum Aufrufpreis). Danach hat William Kjälled aus Schweden sein Soloprogramm „William in concert“ mit seinen Lieblings-Liedern aus Musicals, Reggae, Pop, Rock. Auch eine gute Stimme!

Die „Schlagerhölle-Poolparty“ mit den Solisten erleben wir nicht mehr, morgen geht es früh raus zum Ausflug.
Ablegen ist um 19:30 Uhr, die nächste Etappe sind 317 Kilometer bis Neapel.

Palermo / Sizilien

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