Kurzreise ab Hamburg mit der AIDAsol, Dover 29.04.18

Manchmal liegen Luxus und Drama nah zusammen. Das Essen im Frühstücksrestaurant ist Luxus pur, die menschliche Qualität erinnert uns heute an den Fisch, der bekanntlich vom Kopf her stinkt. Dazu passt das Wetter in Dover: Regen und Wind bringen den gewissenhaften Chronisten an Grenzen. Doch es gibt Trost: Eine freundliche Dame mit noch einem Fisch, der nicht stinkt, Ruhe, Entspannung, gewonnenes Spiel, Musical, Cocktail und noch mehr Essen.

Dover 18.04.29 - Kurz in die Nordsee AIDAsol

Kurz in die Nordsee mit grottigem Wetter und toller Stimmung
AIDAsol 2018

Das beste auf AIDA angebotene Frühstück, das wir je genossen haben, war im Buffalo Steak House der AIDAsol. Aber nicht hier und heute.
Wieder einmal zeigt sich, wie sehr der Genuss von den Einzelnen abhängt. Und von einer guten Leitung. Man sagt, dass der Fisch vom Kopf her stinkt und es ist sicher etwas Wahres daran.

Der Fisch stinkt vom Kopf her

Gerne denken wir an unzählige Frühstücke zurück, an denen wir mehr verwöhnt wurden, als es sein muss, zum Beispiel mit unserer Frühstücksfee in Norwegen. Und fraglos ist das Frühstück hier und heute Morgen wieder völliger Luxus und wir haben ganz sicher am Essen nichts auszusetzen. Aber wir sehen auch die Unterschiede.

Dover 18.04.29 - Kurz in die Nordsee AIDAsol

Unsere Freunde kennen Passagiere der letzten Kurzfahrt. Und diese haben berichtet, dass es statt der Sternstunde für die höheren Clubstufen ein Essen im Rossini oder im Buffalo Steak House gibt. Dabei sollten wir in jedem Fall versuchen ins Rossini zu kommen, denn der Service im Buffalo Steak House wäre grottenschlecht gewesen.
Beim Frühstück wechseln sich üblicherweise die Crews der beiden Restaurants ab. Diese Woche ist eben besagte Crew des Steak House dran. Und wir verstehen, was die Warnung bedeutet. Beispiel: Wir fragen insgesamt dreimal nach Orangensaft. Das erste Mal wird gesagt „sofort“ und kommt nie. Das zweite Mal bekommt der Frager sein Glas gefüllt, die leeren Gläser der anderen werden ignoriert. Beim dritten Mal genau das gleiche, nur dass das ganze so schnell geht, dass der halbe Saft neben dem Glas landet. Kommentarlos.
Nun bin ich ja bekanntlich nicht so schnell aus der Ruhe zu bringen und hole mir die Karaffen mit dem Saft auch selber. Schwieriger wird es mit den Tellern am Buffet. Da diese nicht aufgefüllt werden, müssen wir halt alles mit der Hand holen. Bin ich froh, dass ich am Schluss nur noch Brot holen muss, Lachs mit Meerrettich in der hohlen Hand wäre schlimmer.
Wobei das alles nicht schlimm ist und immer mal passieren kann. Schlimm ist, dass sowohl der Küchenchef als auch der Restaurantchef mehrfach durchs Restaurant stapfen, ohne den offensichtlichen Mangel zu sehen.

Andere Gäste beschweren sich dann, dass alle Gäste statt der bestellten Besonderheit des Tages nur ein Omelette bekommen. Das kommt dann beim Restaurantchef an, der daraufhin irgendeinen kleinen Koch von seinen Aufgaben entbindet, der dann nur noch traurig in der Gegend rumsteht. Und der absolut das falsche Bauernopfer ist, denn weder der Service hat ihn vorher auf seinen Fehler hingewiesen, sondern brav ausgeliefert (und wissen jetzt ganz genau, was falsch war), noch hat sich einer des Chefs um irgendetwas gekümmert. Irgendwie möchte man den Kleinen jetzt in den Arm nehmen.

Aber noch einmal: Das Essen ist Luxus. Neu ist ein ganzer Schinken, der frisch aufgeschnitten wird. Und zwei Sorten an Bord selbst gekochte Marmelade. Eine eigene umfangreiche Müsli-Station. Bewährt der frisch gepresste Saft, das auf den Punkt gebratene Minutensteak, die nie enden wollenden Lachs-Berge. Und ein Weichei-Index von 4/4. Perfekt. Die menschlichen Probleme wären in den Griff zu bekommen. Ich hätte eine unglaubliche Lust, das eben zu übernehmen. Und würde da anfangen, dass man Mitarbeitergespräche nicht vor Gästen führt.

Auch Dover ist zu nass

Heute Nacht wurden die Uhren wie immer kurz vor England um eine Stunde zurückgestellt. Eine Stunde mehr Schlaf. Den brauchen wir auch, fällt der Unterschied doch gar nicht auf.
Und dann müssen wieder alle Passagiere zum Face-Check erscheinen. Wie üblich schaut ein britischer Beamter auf unseren Ausweis, bemerkt erstaunlicher Weise eine Übereinstimmung mit dem Original und das war’s. Und wie üblich wird bis zum Ende des Checks um 10 Uhr immer dringlicher dazu aufgerufen, dass jeder einmal freiwillig kommt. Machen aber wie üblich nicht alle, die letzten werden dann um 10:30 Uhr namentlich aufgerufen.

Dover 18.04.29 - Kurz in die Nordsee AIDAsol

Draußen sind im Moment 7°C und irgendwie nass. Ich führe das zwar auf die Balkonreinigung zurück (die Nässe, nicht die Temperatur), aber das überzeugt auch nicht. Also werden wir auch Dover nur von außen sehen. Was ist bloß mit dieser Familie los. Nach wochenlangen schlechten Wetter in Deutschland ist schlechtes Wetter in England doch eine echte Abwechslung. Obwohl das ja nicht stimmt: Gerade in den letzten 14 Tagen hatten wir ja herrliches Sommerwetter in Deutschland, der wärmste April seit Millionen von Jahren (geschätzt). Und in den Medien sehen wir, dass das in der Heimat immer noch schön ist, während wir dem kalten Regen hinterherlaufen. Und ich dachte immer, das bescheuertste an England wäre die Entscheidung zum Brexit gewesen.

Von solchen Gedanken begleitet machen wir die übliche Verdauungspause nach dem Frühstück. Danach haben wir ja schon ein festes Programm: Kaffeepause, eine lange Runde spielen. Diesmal „DOG“, und was soll ich sagen: 2. Spiel gewonnen, diese Reise läuft wirklich…

Die Frau mit dem Fisch

Der übliche Rundgang über Deck ist heute sehr einsam. Nicht nur, dass Familie und Freunde die Gefolgschaft verweigern, auch Gäste sind draußen nicht zu finden. Meine einzige Begleiterin ist eine freundliche Dame, die mit einem Fisch auf dem Schoß im Strandkorb sitz. Und die ist – frei nach Rilke – aus Gips.

Obwohl das nicht ganz stimmt: Es ist kein Mensch draußen, außer einer Gruppe Engländer im Whirlpool im strömenden kalten Regen. Zumindest müssen das Engländer sein, wer würde das sonst machen?

Dover 18.04.29 - Kurz in die Nordsee AIDAsol

Inzwischen wird es immer windiger. Bereits gestern wurde angekündigt, dass sich Liegezeit und Ausflüge alle nach vorne verschieben, weil Frau Kapitän früher ablegen möchte, da zunehmender Sturm vorhergesagt wurde. Das ist jetzt auch zu merken, besonders an der Landseite kann ich die Kamera kaum ruhig halten, weil Windböen die Kamera hochreißen. So stapfe ich jetzt also einsam durch Wind und Regen, um der Chronistenpflicht nachzukommen. Diesen Umstanden gedacht mag der geneigte Leser verzeihen, dass dabei Sätze entstehen wie „Für den Chronist ist kein Wetter Mist“…

So dokumentiere ich nun also fotografisch meine Umgebung: Die Kreidefelsen, Dover Castle, die Veränderungen im Hafen, die wir nun über Jahre begleiten: Neu aufgeschüttete Hafenanlagen, ein neuer Strand in der Nähe.

Auslaufen im Sturm

Punkt 18 Uhr ist das Marktrestaurant wieder fest in unserer Hand, wobei das Essen heute so lecker ist, dass es um 20 Uhr gleich nochmal von uns geentert wird. Allerdings erst, nachdem wir auf dem Balkon dick eingemummelt das Auslaufen beobachtet haben. Das Schiff liegt im Moment sehr tief und so können wir direkt von Deck 7 aus auf die Hafenarbeiter schauen. Ein lautes Quietschen erstaunt uns, aber wir sehen dann, dass es dadurch entsteht, dass sich die Gummipoller zwischen Schiff und Pier bewegen. Denn wenn sich das Schiff löst, rutschen die Gummis mehrere Meter nach unten ins Wasser. Das bedeutet, dass sich der Wasserstand inzwischen erheblich geändert haben muss, wenn diese Poller jetzt so hoch über dem Wasser eingeklemmt sind.

Bis zur Hafenmole halten wir durch, dann wird es zu windig. Nach also dem zweiten Restaurant-Intermezzo schauen wir uns die neue Show „Musical Dreams“ an. Eine Show mit den 4 Solisten und 3 Akrobaten, ganz toll gesungen und mit überzeugender Akrobatik. Sehr kraftvoll und mit hohem Tempo. Angekündigt ist die neue Show mit „Musical Highlights und Evergreens“ mit „Hits aus bekannten Disney-Produktionen“, „exklusiv für AIDA arrangiert“ von „einem über 50 Mann starken Orchester in Budapest eingespielt“. Stimmt alles, allerdings gibt es einen Kritikpunkt: Das ist vermutlich eher für ein amerikanisches Schiff geeignet, denn aktuell in Deutschland laufende Musical-Produktionen oder die besonders in Deutschland bekannten US-Produktionen kommen deutlich zu kurz. Es überwiegen nicht so bekannte Songs. Tja, hat AIDA wieder mal vorher versäumt, mich zu fragen.

Heute schaffen wir es, mal nicht gleich nach der Show ins Bett zu sinken, sondern noch einen schönen Abschluss-Cocktail zu genießen.

Die nächste Etappe sind 750 Kilometer bis nach Hamburg, morgen ist aber erst einmal Seetag.

Dover

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